Minimalismus, Teil 1: Zuhause

Hast du dich schonmal gefragt, wie viele Dinge du eigentlich so besitzt? Nachdem ich Anfang des Jahres die Filmkomödie „100 Dinge“ und die Dokumentation „Minimalism: A Documentary About the Important Things“ gesehen habe, ist genau diese Frage in mir aufgekommen. Ich wusste zwar, dass ich selbst eine eher sparsame Person bin und nicht viel Krempel besitze. Nichtsdestotrotz konnte ich eine genaue Anzahl meiner Besitztümer nur sehr schwer schätzen. Die Vorstellung, eine Inventur in den eigenen vier Wänden zu machen, hat mein Herz warm werden lassen, bin ich doch selbst ein leidenschaftlicher Analytiker. Nach gefühlt einer Stunde der Bestandsaufnahme hatte ich dann Gewissheit. In dem gefühlt 25 qm großen Raum, den ich in meinem Elternhaus mein Eigen nennen darf, befinden sich 954 Dinge. Das hat mich wirklich überrascht. Ich hätte auf eine weitaus geringere Zahl getippt.

Ich bin kein radikaler Minimalist

Ziemlich anmaßend wäre es also von mir, mich selbst als einen Minimalisten zu bezeichnen. Und doch kann ich mich mit der Idee jener Menschen, die beschlossen haben, ein einfacheres und weniger auf Konsum orientiertes Leben zu führen, sehr stark identifizieren. Wieso das so ist und wie du selbst die Vorzüge eines minimalistischen Lebensstils genießen kannst, möchte ich dir in meiner kleinen Beitragsreihe näherbringen. Hierbei möchte ich jedoch weniger auf die Grundsätze und Vorteile von Minimalismus eingehen, da diese meist auf der Hand liegen und bereits vielfach diskutiert und erklärt wurden (weiterführende Links findest du am Ende dieses Beitrags), sondern mich vielmehr auf konkrete Tipps & Tricks fokussieren, die dir zum Erreichen eines minimalistischeren Lebens helfen können. Die Betonung liegt hier ganz klar auf minimalistischer. Ich selbst bin davon überzeugt, dass niemand wie Diogenes in der Tonne leben sollte – das ist auch gar nicht die Empfehlung von Minimalisten. Vielmehr geht es um die Beantwortung der folgenden Frage: „Stiftet dieses Ding – was auch immer es sein mag – einen Mehrwert für mein Leben?“

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Jean-Léon Gérôme: Diogenes

Minimalism meets home

Im ersten Teil soll es darum gehen, wie man ein minimalistischeres Zuhause kreieren kann. Zum Einstieg habe ich dir ein Zitat von Leo Babauta aus seinem Buch „The Power of Less“ mitgebracht, welches du beim Umsetzen meiner Tipps stets im Hinterkopf behalten solltest.

Vereinfachung soll dein Leben nicht leer machen, sondern Raum für das schaffen, was du wirklich tun möchtest. Finde zuerst heraus, was du vereinfachen willst, bevor du damit beginnst.

Bevor du also mit dem Entrümpeln loslegst, könntest du dich beispielsweise fragen, welche Bereiche in deinem Zuhause dich besonders stören. Ist es der Anblick deines überfüllten Kleiderschranks? Oder sind es die Papierstapel auf deinem Schreibtisch? Falls du die Sache drastischer angehen willst und obendrein ein wenig Zeit mitbringst, kannst du ähnlich wie ich eine Inventur vornehmen. Das hilft dir nicht nur dabei, am Ende eine präzise Zahl zu ermitteln, sondern gibt dir zudem Einblicke, wo sich besonders viel Zeug angesammelt hat. Sätze wie „Ich wusste gar nicht mehr, dass ich das Ding noch habe“ oder „Unglaublich, wie viele Stifte/T-Shirts/… ich habe“ sind dabei vorprogrammiert.

Falls du die Sache jedoch langsamer angehen willst, kann ich dich beruhigen: auch ohne einer allumfassenden Bestandsaufnahme ist es möglich, Dinge gezielt aus seinem Zuhause zu verbannen. Wie wäre es, wenn du dir zum Beispiel jede Woche einen anderen Bereich deiner Wohnung vornimmst und ihn mit den folgenden Tipps & Tricks verschlankst.

Kleiderschrank

Weniger „Qual der Wahl“, mehr Platz für das Wesentliche

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  • Zähle deine T-Shirts, Socken, etc. Solltest du pro Kleidungsstück mehr als dreißig Varianten besitzen, wäre das eine gute Möglichkeit zum Aussortieren – außer natürlich, wenn dir diese Klamotten einen echten Mehrwert für dein Leben bieten.
  • Nimm am Project 333 teil! Hierbei handelt es sich um eine Mitmachaktion von Courtney Carver, bei der es darum geht, sich für drei Monate auf 33 Kleidungsstücke zu beschränken – Unterwäsche, Schlafanzug & Sportklamotten ausgenommen. Alle restlichen Klamotten werden in Boxen eingepackt und außer Sichtweite verstaut. Die Idee dahinter ist, den eigenen Kleiderschrank zu vereinfachen und sich dadurch weniger mit der morgendlichen Frage zu befassen, was man denn anziehen soll.
  • Beschränke dich auf „Basics“ und schlichte Farben. Idealerweise enthält dein Kleiderschrank am Ende des Ausmistens fast nur noch zeitlose Klamotten, die du das ganze Jahr über tragen könntest. In meinem Fall sind das vor allem T-Shirts und die klassische blaue Jeans.
  • Mache Fotos von Kleidungsstücken, die du aussortierst. Dies widerspricht zwar der Grundidee des Minimalismus, da man Dingen nicht hinterher trauern, sondern sich dauerhaft davon befreien sollte. Doch gerade Einsteigern sowie Leuten, die sehr an ihren Klamotten hängen, fällt der Abschied hiervon womöglich leichter.

Schreibtisch

Weniger Stress, mehr Konzentration

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  • Leere deinen Schreibtisch! Das meine ich vollkommen ernst. Überlege dir anschließend, welche Dinge für dich auf einem Schreibtisch unentbehrlich sind. Für mich sind das beispielsweise ein Monitor, zwei Lautsprecher, eine Tastatur, eine Maus, ein Notizblock und einen Stiftehalter. Natürlich spricht auch gegen ein wenig Dekoration nichts. Halte sie jedoch am besten schlicht und beschränke dich auf wenige Dinge.
  • Entwickle ein System der Ordnung. Stelle dir die Frage, wie das Chaos bzw. der Überfluss an Dingen überhaupt erst entstehen konnte. Das ist natürlich eine höchst individuelle Frage. In den meisten Fällen jedoch stapeln sich vor allem Ordner, Briefe, Papiere, Bücher, Stifte und vieles mehr. Hier kann es sehr hilfreich sein, allen Dingen, die sich gerade eben noch auf deinem Schreibtisch befanden, entweder einen festen Platz zuzuordnen oder diese wegzuwerfen. So wird sichergestellt, dass sich wichtige Dinge nicht auf deinem Schreibtisch anhäufen, sondern schnellstmöglich – ohne größeres Nachdenken – verstaut werden können.
  • Lege dir einen Eingangskorb zu und arbeite diesen täglich ab. Der große Vorteil liegt darin, allerlei Dinge (Briefe, Notizen, Rechnungen, etc.), die während des Tages so eintrudeln und keine augenblickliche Bearbeitung erfordern dort abzulegen und sich ihnen am Tagesende zu widmen. So bleibt man im Arbeitsfluss und vermeidet Unordnung.

Aufbewahrungsmöglichkeiten jeglicher Art

Weniger „nur für alle Fälle“, mehr bewusstes Verstauen

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  • Entferne Just-in-Case Items. Schaue dir hierzu den Inhalt eines Schranks, einer Schublade, eines Regals oder ähnliches an und lasse die Dinge auf dich wirken. Stelle dir dann bei jedem einzelnen Ding die folgende Frage: Habe ich dieses Ding besorgt, weil ich glaube, dass ich es in einer fernen, nichtexistierenden, hypothetischen Zukunft brauchen könnte? Falls ja, dann bediene dich der 20/20-Regel von Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus. Die Regel besagt, dass man sich von allem entledigen sollte, was sich mit weniger als 20 $ in weniger als 20 Minuten von dem aktuellen Standort aus besorgen lässt. Probiere es aus und schaue, auf wie viele Dinge das für dich zutrifft.
  • Erlaube es dir, Flächen ungenutzt zu lassen. Das klingt erstmal widersprüchlich. Haben es sich Minimalisten nicht zur Aufgabe gemacht, jegliche Aufbewahrungsmöglichkeit optimal auszuschöpfen? Mit Sicherheit. Das heißt aber nicht, nicht auch Platz zu lassen – für Nichts. Wir sind umgeben von Dingen. Selbst der Schrank oder das Regal sind Dinge. Wieso nicht also mal versuchen, keine Dinge auf/in Dinge zu stellen und stattdessen die Ästhetik eines übersichtlich eingeräumten Möbelstücks auf sich wirken lassen. Das kann viel Ruhe und Gelassenheit ins Eigenheim bringen. Zudem hebt es die wichtigen Dinge anstelle der Unwichtigen hervor.
  • Frage dich nach dem Sinn jedes Möbelstücks. Überprüfe anschließend, welche Dinge sich darin verbergen und ob diese jenem Sinn entsprechen. So würde ich ein Bücherregal voller Bücher durchaus als minimalistisch erachten. Ein Nachttisch, auf dem sich außer den individuell sinnvollen Dingen (Lampe, Wecker, Lektüre, etc.) außerdem ein Geldbeutel, Batterien, Verpackungsmaterial und sonstiger Krimskrams befindet, hat seinen eigentlichen Sinn verfehlt.
  • Beginne mit dem Ausmisten zuerst an den Orten, die du am häufigsten aufsuchst. Das hat den Vorteil, dass du die Folgen einer großen Aufräumaktion wesentlich öfter merken wirst, als wenn du dir zuerst die Garage oder den Keller vornimmst.

Ich hoffe ich konnte dir mit diesen Tipps & Tricks dabei helfen oder dich vielleicht auch nur dazu inspirieren, dein Zuhause ein wenig minimalistischer zu gestalten. Natürlich kann diese Liste noch weitaus mehr Punkte umfassen. Falls du selbst Ideen oder Erfahrungen hast, wie man das Eigenheim weiter verschlanken kann, dann zögere nicht und schreibe ein Kommentar unter diesen Beitrag. Gerne würde mich natürlich auch deine generelle Meinung zum Thema Minimalismus interessieren.

Im nächsten Teil der Minimalismus-Reihe wollen wir uns mit zwei Bereichen beschäftigen, die für manche Menschen eine ähnlich wichtige Rolle spielen, wie die eigene Wohnung: Smartphone & Computer.

Weiterführende Links

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